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Die Schwelle

 

Die Schwelle


Die Schwelle bezeichnet in den verschiedensten Darstellungen und Traditionen den Übergang vom Bewußtsein zum Unterbewußtsein. Dies ist auch der Übergang vom Alltagsbewußtsein zm Traumbewußtsein, das die Träume, die Traumreisen und die Visionen umfaßt. Die Schwelle ist auch der Übergang von der Materie zur Lebenskraft – die Psyche besteht aus den Bildern, die in die Lebenskraft eingeprägt sind.

Auf dem kabbalistischen Lebensbaum, der eine der vollständigsten und übersichtlichsten Analysen der Welt ist, werden insgesamt vier solcher Übergänge dargestellt, die fünf verschiedene Bereiche trennen.

 

Gott

---- Auflösung ----

Gottheiten

------- Abgrund -----

Seelen

------- Graben -------

Psyche

------ Schwelle ------

Körper


 


Wenn man Bewußtseinsvorgänge betrachtet, fallen zunächst einmal zwei Aspekte auf: das Bewußtsein an sich und die Bewußtseinsinhalte. Das Bewußtsein an sich kann man z.B. in den Zen-Meditationen erleben, wenn alle Gefühle, Gedanken und innere Bilder still werden und nur noch das Gewahrsein an sich übrigbleibt. Die Bewußtseinsinhalte sind die Gefühle, Gedanken und Bilder, also die Wahrnehmungen und die Erinnerungen und deren Kombinationen, die in dem Bewußtsein auftauchen.

Nun kann man auch einmal betrachten, was denn die Tätigkeit des Bewußtseins ist. Bei näherem Hinsehen wird deutlich, daß das Bewußtsein Wahrnehmungen und Erinnerungen integriert und dadurch ein Bild der Welt einschließlich der eigenen Person erschafft.

Daraus ergibt sich, daß das Bewußtsein nur solche Dinge umfassen kann, die es integrieren kann – das übrige wird verdrängt. Daraus ergibt sich eine interessante Konsequenz. Da sich in allen Erinnerungen und inneren Impulsen Lebenskraft befindet, suchen diese Bilder und Impulse auch nach Selbstausdruck. Da dies den verdrängten unter ihnen nicht möglich ist, staut sich in ihnen Lebenskraft an, die schließlich durch ihren steigenden Druck nach außen drängt. Wenn aber das Wachbewußtsein diese Bilder und Impulse nicht integrieren kann, zerfällt es und löst sich auf: man wird müde, man fühlt sich erschöpft und abgespannt, man schläft ein, oder man wird, wenn die Inhalte zu plötzlich auftauchen, ohnmächtig oder erlebt diese Inhalte als Horrorbilder.

Dies hat für jedes spirituelle, religiöse und magische Streben eine wesentliche Konsequenz: Wenn man in dem Bereich der Lebenskraft wahrnehmungsfähig und handlungsfähig werden will, wenn man also sein Wachbewußtsein auf seine Lebenskraft und somit auf sein Unterbewußtsein ausdehnen will, muß man alle Inhalte des Unterbewußtseins integrieren können. Dieses Annehmen aller Teile, aus denen die eigenen Psyche besteht, ist also der Vorgang, der es ermöglicht, die Schwelle zu überschreiten.

Diese Bewußtseinsschwelle, also dieses dritte Element neben dem Bewußtsein an sich und den Bewußtseinsinhalten, ergibt sich offenbar aus dem Umgang des Bewußtseins mit seinen Inhalten: Die Frage ist, ob sich das Bewußtsein alle seine Inhalte anschaut und sie integriert oder ob es einige Inhalte nicht anschaut und sie verdrängt. Diese Bewußtseinsschwellen sind daher das zentrale Thema der Magie, der Religionen, der Einweihungen und der meisten spirituellen Bestrebungen.


Die hartnäckigsten Hindernisse beim dem Versuch, die Schwelle oder später einen der anderen Übergänge zu überqueren, sind daher die Traumata, also die Erlebnisse, die so heftig waren, daß durch sie Teile der Lebenskraft erstarrt sind und bezüglich dieser Themen nun nur noch ein reflexhaftes, festgelegtes Verhalten möglich ist. In diesen Bereichen handelt man ohne jede Freiheit, man neigt zu einem extremen Scheuklappen-Blick und man neigt dazu, zu fixieren und sich in etwas hineinzusteigern. Daher ist die Auflösung von Traumata einer der wesentlichsten Schritte auf jedem magischen, religiösen und spirituellen Weg.

Die Auflösung eines Traumas besteht technisch gesehen darin, daß man wieder den Kontakt mit den Gefühlen, die in der Erinnerung an die traumaauslösende Situation liegen, erlangt, wodurch man in ein „emotionales Erdbeben“ gerät. In dieser Situation, in der man zutiefst aufgewühlt ist, ist es nun nötig, an die Stelle des Erlebnisses der eigenen Handlungsunfähigkeit und der Aussichtslosigkeit, die früher das Trauma ausgelöst hat, nun die Erfahrung oder Vorstellung (Traumreise, Phantasie) der eigenen Handlungsfähigkeit und Effektivität zu setzen.

Dann wird der Betreffende ein Erlebnis haben, daß dem eines Regenwurmes ähnelt, der sein ganzes bisheriges Leben in der Enge der Erde verbracht hat und nun an die Erdoberfläche kommt und staunend vor der Weite und der Freiheit und den vielen Möglichkeiten steht, die sich ihm auf einmal auftun.

An die Stelle der Festigkeit, des Fixierens und des „Sich in etwas hineinsteigerns“ tritt nun eine fließende, strahlende Dynamik. Dies ist genau der Zustand, den viele Mystiker, Yogis u.ä. Menschen als den erstrebenswerten Zustand beschrieben haben. Am deutlichsten findet er sich in Lao-tses „tao tê king“. Auch der Yogi Maitripa hat diese Haltung vor 1.000 Jahren sehr anschaulich beschrieben: „sich ins Hier und Jetzt hinein entspannen.“


Der angestrebte Zustand ist schon da - man muß nur aufhören, ihn zu vermeiden. Dies gilt sowohl für die Wahrnehmung der Lebenskraft als auch für die Wahrnehmung der Seele, der Gottheiten und für die Wahrnehmung von Gott, der Einheit hinter aller Vielheit, denn die Einheit ist immer da und sie ist immer die Grundlage von allem. Lediglich die Polarisierungen in der eigenen Psyche und die auf sie folgenden Ablehnungen und Verdrängungen führen dazu, daß man nur noch Teile und nicht mehr das Ganze wahrnimmt.

Dieses Ganze ist inzwischen auch in der Physik deutlich geworden: Es ist die Zeit, aus der heraus der Raum entsteht, dessen Verkrümmung die Energie ist, die wiederum zu Materie kondensiert. Oder, anders formuliert: Es gab während des Urknalls nur einen einzigen Superstring, eine einzige kreisförmige Schwingung, in der die gesamte Substanz des Weltalls als Energie enthalten war, und dieser Ur-Superstring hat sich dann in immer mehr kleinere Ringe gegliedert, sodaß ein zeitliches Bild wie ein sich immer weiter verästelnder Baum entsteht, dessen Ur-Superstring sein Stamm und dessen inzwischen ca. 1082 Elementarteilchen, aus denen die Welt zur Zeit besteht, seine Astspitzen sind – die trotzdem nach wie vor Teile des einen Baumes (Ursuperstrings) sind, aus dessen Stamm heraus sie sich in diese Vielheit aufgegabelt haben.

Für die praktischen Belange bedeutet dies, daß man die Erleuchtung nicht erschaffen muß und auch nicht die Fähigkeit des Hellsehens oder was man auch immer im magischen-spirituellen Bereich anstrebt, sondern daß man es nur zulassen muß. Man muß keine „Lebenskraftorgane“ erschaffen, um die Lebenskraft sehen zu können, und man muß auch nicht die eigene Seele erschaffen – sie Lebenskraft ist schon da und auch die Seele. Es geht nur darum, das Erleben der Lebenskraft, der Seele, der Gottheiten und das Erlebnis Gottes nach und nach in der eigenen Psyche zuzulassen, d.h. loszulassen, fließender zu werden, die Augen zu öffnen, hinzuschauen, anzunehmen, sich weiten zu lassen, zu entspannen, das Festhalten aufzugeben – und letztlich sich selber und das Leben und Gott in seiner ganzen Vielfalt zu lieben.


Die Richtigkeit dieser Überlegungen zeigt sich auch darin, daß dieses „Fließen statt Fixieren“ auch bei allen Übungen, mit deren Hilfe man die Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit im Bereich der Lebenskraft erreichen kann, die notwendige Grundhaltung ist.

Die drei wichtigsten Fähigkeiten im Zusammenhang mit der Lebenskraft sind das Aurasehen, das Aufsteigen der Kundalini und die Astralreise.


Bei dem Aurasehen nimmt man die Lebenskraft optisch wahr. Es ist auch möglich, sie zu spüren oder sie hören und in seltenen Fällen auch sie zu riechen, während das Schmecken fast nie auftritt.


Das Aufsteigen der Kundalini ist die zentrale Übung in vielen Yoga-Richtungen und im tibetischen Buddhismus. Der wesentliche Punkt daran ist, daß die Lebenskraft fließt, daß also alle oder zumindest weitgehend alle Fixierungen und Erstarrungen der Lebenskraft aufgelöst worden sind.

Durch diese Beweglichkeit der Lebenskraft werden nun auch alle Tätigkeiten, bei denen die Lebenskraft bewegt wird, effektiver. Dazu zählen Weihungen, Heilungen, energetisches Feng-shui, die meisten Formen der Magie, Einweihungen u.a.


Bei der Astralreise verläßt das Bewußtsein in Lebenskraftkörper (=Astralkörper) den materiellen Körper und bewegt sich nun als unsichtbarer bzw. nur hellsichtig wahrnehmbarer „Geist“ in der Welt umher. Da man sich nun bei vollem Bewußtsein ausschließlich im Bereich der Lebenskraft befindet, werden alle Aktionen, bei denen man die Lebenskraft wahrnimmt bzw. sie bewegt deutlich effektiver.


Um die Aura, also die Lebenskraft eines Menschen, eines Tieres, einer Pflanze oder eines Gegenstandes wahrzunehmen, ist die entspannte Konzentration notwendig. Man schaut entspannt, aber aufmerksam ohne einen Punkt zu fixieren auf das, dessen Aura man wahrnehmen möchte. Dabei muß man vor allem Zulassen: 1. die Entspannung, 2. die unscharfe (Loslassen der Wahrnehmung der Materie), aber aufmerksame Ausrichtung des Sehens, 3. die Bewußtwerdung der Wahrnehmung der Lebenskraft, und 4. die Überlagerung der Wahrnehmung der materiellen Welt und der Wahrnehmung der Lebenskraft, wodurch dann ein „doppeltes Bild“ entsteht, in dem der materielle Körper mit seiner Aura erscheint.

Um die Kundalini aufsteigen zu lassen, ist auch wieder die entspannte Konzentration notwendig. Die Konzentration mithilfe von Aufmerksamkeit, Mantren, Atemübungen und Visualisationen beziehen sich vor allem auf das unterste Chakra und die Entspannung bezieht sich vor allem auf die verdrängten Teile der Psyche, die durch den allmählichen Aufstieg der Kundalini nach und nach alle ins Wachbewußtsein geholt werden und dort integriert werden müssen – was nur durch die Entspannung der bisherigen Inhalte der Psyche und auch der neu hinzukommenden Inhalte der Psyche erreicht werden kann. Allmählich wird dabei die eigene Mitte im Herzchakra immer deutlicher und strahlender sichtbar.

Um mit seinem Bewußtsein in seinem Lebenskraftkörper seinen materiellen Körper verlassen zu können, muß man seinen materiellen Körper entspannen, aber mit seinem Bewußtsein konzentriert, d.h. wach bleiben und darf nicht einschalfen, so wie es normalerweise geschieht, wenn der Lebenskraftkörper während des Schlafes den materiellen Körper ein stückweit verläßt. Durch die Entspannung wird der materielle Körper zunächst als schwer empfunden. Danach tritt bei weiterer Entspannung die Empfindung von Hitze auf, die eine erste Wahrnehmung der eigenen Lebenskraft ist. Als nächsten tritt dann die Empfindung einer Vibration im eigenen Körper von ca 6Hz auf, die eine Wahrnehmung der Eigenfrequenz des Lebenskraftkörpers ist. Schließlich entstehen seltsame Bewegungen, bei denen man z.B. spürt, wie der rechte Arm schwer auf seiner Unterlage liegt und sich gleichzeitig meist zuckend erhebt und wieder zurückfällt – so als hätte man kurzfristig zwei rechte Arme. Dies kann sich zu einem allgemeinen Schaukeln des Körpers oder zu einem Zucken größerer Teile des Körper steigern, bis man schließlich ganz seinen Körper verlassen kann und dann wirklich „zwei Körper“ hat: den materiellen Körper, der reglos daliegt und den Lebenskraftkörper, der sich nun umherbewegt und in dem sich das Bewußtsein befindet – diese beiden Körper hatte man natürlich auch schon vorher, aber erst durch ihre bewußte vorübergehende Trennung kann man sie auch als zwei erleben.

Aus der Gleichartigkeit der Voraussetzungen für das Aurasehen, für das Aufsteigen der Kundalini und für die Astralreise ergibt sich, daß sich das Erlernen dieser drei Fähigkeiten gegenseitig fördert und daß die Integration und somit Heilung der eigenen Psyche wiederum diese drei Fähigkeiten gleichzeitig fördert – und daß diese vier Bestrebungen, also Heilung, Aurasehen, Aufsteigen der Kundalini und Astralreise schließlich das Fließen und die entspannte Konzentration immer weiter heranreifen lassen.


Wenn man die entspannte Konzentration erreicht hat, wird das, was man tut, rhythmisch, mühelos, elastisch und elegant werden – so wie eine springende Katze. In dieser Art des Handelns liegen Urvertrauen, Entspannung, „Nichts-brauchen“ und ein Strahlen von innen aus dem Herzchakra heraus.

Diese Art von entspannter Konzentration findet man auch bei allen magischen Handlungen. Besonders anschaulich wird dies beim Karate: Wenn man versucht, mit seiner Handkante einen Ast durchzuschlagen und dabei die Vorstellung hat, gegen den Ast zu schlagen, wird man sich arg verletzten; wenn man jedoch in seiner Vorstellung den Ast bereits vor seinem Schlag zerbrochen hat und dann nicht gegen ihn, sondern durch ihn durch schlägt, so als wäre er Luft, dann wird man ihn auch mühelos zerschlagen können.

Dieser Aspekt des inneren Bildes, das die äußere Wirkung hervorruft, ist typisch für die Lebenskraft: Man erschafft durch die inneren Bilder die Realität, die in dem eigenen Leben entsteht. Genauso formt der Lebenskraftkörper ganz allgemein den materiellen Körper. Die gesamte Magie beruht auf der Imagination der Bilder von dem, was man erreichen will – also auf der Lenkung der Lebenskraft und somit der Ereignisse in der materiellen Welt mithilfe dieser inneren Bilder.

Wenn die Schwelle durchsichtig geworden ist, werden die inneren Wunschbilder und das, was man ausspricht, sehr schnell Wirklichkeit. Die inneren Bilder haben natürlich immer eine Wirkung, aber sie ist normalerweise durch die vielen sich widersprechenden inneren Bilder in einer noch nicht geheilten Psyche stark abgeschwächt. Je mehr die Psyche jedoch integriert worden ist, desto wirkungsvoller wird das, was man sich vorstellt und ausspricht.

Aufgrund dieser Erfahrung beim Überschreiten der Schwelle wird man zunehmend dazu übergehen, auf die eigenen inneren Bilder zu achten und aus seinen inneren Bildern heraus zu handeln, also sich zunächst das Bild von dem erwünschten Zustand zu erschaffen und erst dann mit der konkreten Handlung beginnen. Nach einer Weile liegt es dann nahe, nach dem ursprünglichen Bild, nach der eigenen Mitte, also nach der gemeinsamen Quelle aller inneren Bilder zu suchen, um noch effektiver und widerspruchsfreier wünschen und handeln zu können – aber dann steht man schon vor dem nächsten Bewußtseinsübergang, vor dem Graben, nach dessen Überschreiten man die eigene Seele erleben wird, die vor der eigenen Zeugung die Inkarnation, in der man sich gerade befindet, beschlossen und erschaffen hat.